Brigittakirtag

Weana Tanz

Wiener Walzer
gmiat

Wenn ein Wiener von Weana Tanz spricht, meint er nicht einen Tanz, den Wiener tanzen. Eigentlich teilen die Wirtshaus- und Heurigen-Wiener ihre Instrumentalmusik überhaupt nur in Marsch und Tanz. Damit unterscheidet man eingängige Geradtakter wie eben Märsche von rhythmischen Gebilden im ungeraden Takt.

Für sein Gemüt braucht der Wiener aber seine Tanz. Was aber sind diese?

Ursprünglich wohl Ländler, aus dem Kerngebiet Oberösterreichs, dem Landl. Auch dort wird der mundartliche Plural Tanz anstatt Tänze verwendet, z.B.: Die Viechtwanger Tanz. Nach Wien kam diese Musik, sicher nicht nur, aber auch mit den sogenannten Linzer Geigern. Die typische Besetzung dieser Formationen bilden zwei Geigen und ein Bassettl, eine kleine Bassgeige, die man eben noch einigermaßen transportieren kann. Linzer Geiger mussten natürlich nicht unbedingt aus Linz kommen.

Dieser Stadtname war einfach auch Synonym für „von Donau-aufwärts“, also eine eher grobe Richtungsangabe. Diese Musikanten kamen auf Lastflößen und gedeckten Frachtkähnen, den sogenannten Ulmer Schachteln die Donau abwärts nach Wien. Hier, in den Gasthäusern und Hafenschenken an der Donaulände, spielten sie ihre Tänze und Ländler. Linzer Geiger wurde quasi ein Markenname. Relativ rasch gab es zahlreiche Wiener Musikanten, die Stil und Repertoire kopierten und sich ebenfalls so nannten.

Den Wienern haben sowohl die Tänze als auch die Instrumentierung gefallen. Aus den „Linzer Tänzen“ – eben häufig Ländlern – wurden, harmonisch und chromatisch angereichert, die Weana Tanz: Vortragsstücke zum andächtigen Zuhören, nicht zum Tanzen. Musikalisch ist anzumerken, dass zu der Verwendung der I. und V. , gelegentlich auch der IV. Harmoniestufe, die für ländliche Musik charakteristisch ist, jetzt noch die VI. und II. hinzukommen.

Wiener Musikanten haben dann das immer noch unhandliche Bassettl durch die Wiener Kontragitarre mit einem Korpus und zwei Hälsen ersetzt, die von nun an die Funktion des Bass- und Rhythmusinstrumentes übernahm. Ihre endgültige Form und Saitenanzahl (zwischen 13-15) prägte der Wiener Instrumentenbauer Johann Gottfried Scherzer um 1860.

Dazu kam dann noch die kleine, hell klingende G-Klarinette, das Picksüaße Hölzl – und fertig war die Besetzung, die wir bis heute Schrammelquartett nennen. Die Gründer dieser namensgebenden Formation waren die Brüder Johann und Josef Schrammel, Georg Dänzer und Anton Strohmayer. 1884 traten sie erstmals an die Öffentlichkeit. Nach Erkrankung und Ausscheiden des Klarinettisten Dänzer nahm Anton Ernst mit seiner chromatischen Knopfharmonika dessen Platz ein. Mit diesem Instrument war der Klangraum zwischen den beiden Geigenstimmen und dem Bass gefüllt.

schrammeln
Das Quartett der Gebrüder Schrammel mit den Sängern Johann Hirschmann (Der Rothe mit der Fliag´n), Hans Tranquilini (Baron Jean), Franz Reil (Schuster Franz), Marie von Körber (Kiesel-Marie), Karl Mayerhofer (Hungerl) [Bildarchiv ÖNB]
Diese Wiener Harmonika, auch Schrammelharmonika genannt, brachte zudem auch kompliziertere und weitgestreckte Akkorde ein: Auf der Wiener Knopfharmonika kann man durch die spezielle Anordnung der Töne bzw. Knöpfe bequem 2 Oktaven greifen.

Anzumerken ist, dass das Quartett Gebrüder Schrammel nicht das erste war, das in dieser Besetzung gespielt hat, wohl aber das bekannteste und weit über Wien hinaus berühmteste. In den Genuss ihrer Publikumsgunst kamen sie nicht zuletzt durch gutes Marketing. Immerhin gehörte auch Kronprinz Rudolf zu ihren Bewunderern. Einige der derzeit etwa 15-20 aktiven Schrammelquartette in Wien konzentrieren sich wieder auf die ursprüngliche Besetzung mit der G-Klarinette oder sind in der Lage, die Besetzung mit Klarinette oder Knopfharmonika zu variieren. Auch die Verwendung der Querflöte anstelle der Klarinette war und ist durchaus üblich. Gelegentlich war das Schrammelquartett mit einem Schlagwerk angereichert.
geb. schrammel
Joseph und Johann Schrammel
Schrammelquartette spielten nicht nur Tanz und Märsche. Auch die Modetänze des 19. Jahrhunderts, wie selbstredend der Walzer, weiters Mazurka, Polka und der Csardas, standen auf dem Programm. Das ist im Wesentlichen bis heute so geblieben, wenn man gelegentlich dazu auch noch einen Tango, Foxtrott, o. ä. zu hören bekommt.

Die bekanntesten Quartette zur Zeit der Schrammelbrüder waren D´ Grinzinger, D´ Ottakringer und die Gebrüder Butschetty.

Ihre Auftritte bestritten Schrammelformationen üblicherweise nicht alleine. Reine Instrumentalmusik ermüdet das Publikum rasch. Also hatte man fast immer Sänger dabei. Hier etablierten sich die Natursänger, im Gegensatz zu den Volkssängern keine Profimusiker und im Regelfall ohne Gesangsausbildung, also mit Naturstimmen. Berühmt wurden einige singende Fiaker wie der Bratfisch und Schuster & Hungerl. Hinzu kamen häufig Kunstpfeifer und andere Unterhaltungskünstler.

Das Schrammelquartett ist nicht die einzig mögliche Besetzung für die Zelebration der Weana Tanz. So war die Kombination 2 Geigen und Zither ziemlich geläufig. Im Schrammeltrio wird nur mit einer Geige gespielt, was zur Gesangsbegleitung, bei der die Melodiestimme vokal realisiert wird, üblicherweise gut klingt.

Beim Heurigen hört man vorwiegend das „Packl“: Harmonika und Kontragitarre. Nicht zuletzt, weil ein komplettes Quartett oft zu teuer ist. Auf Plattenaufnahmen allerdings findet sich die gesamte Bandbreite vom Packl über das Quartett bis zum Salonorchester.

Berühmte und noch immer viel gespielte Tanz komponierten Johann Schmutzer, Anton Debiasy, Anton Strohmayer, Johann Mayer, Jakob Schmalhofer, Alexander Katzenberger und die Brüder Schrammel.

Grinzinger
Bei den Grinzingern, H. Lefler um 1910