Das Hochwasser im Jahre 1862

Ich will ein Liedchen bringen, doch glaub’n Sie mir auf Ehr’,
Der Inhalt ist sehr traurig, wird manchen 's Herz g’wiß schwer.
Anno Achtzehnhundert-dreißig, war eine Wasserg’fahr,
Doch war ’s am End’ no braver, wie 's zweiundsechz'ger Jahr.

Die Flüsse, Ström und Bäche, die hier in Öst’reich z’ Haus,
Sie flossen unaufhaltsam, aus ihren Betten n’aus;
Vernichten Städt und Dörfer, wer hätt den das geglaubt,
Daß Tausend Obdachlosen, ihr Hab und Gut jetzt g’raubt.

Selbst Wien die Residenzstadt, ist theilweis überschwemmt,
Daß man in mancher Vorstadt die Häuser nimmer kennt.
Brigittenau und Prater, wo einst so manches Fest,
Sieht man an manchen Plätzen, dass Häuser dort san g’west.

Vorn Tabor bei den Mühlen, die Ortschaft Zwischenbrück,
Bis n’aus wo ’s heißt am Spitz, werfen wir mit Schmerz, ein Blick,
Da sieht man all’s verwüstet, o Unglück, Jammer, Graus,
Kaum, dass von manchen Hause, das Dach hat g’schaut heraus.

Wer das Jammerbild betrachtet, der wird es eingesteh’n,
Daß er in seinem Leben, so viel Thränen nie geseh’n.
Das Klagen nahm kein Ende, man schrie: Ach lieber Gott!
Wir hab’n ja nur noch ’s Leben, gib uns dazu ein Brod!

Der Vater und die kleinen bestieg’n den Rettungskahn,
Die Mutter mit dem Säugling, ruft Gott zum Schützer an.
Die Menschen sind gerettet, doch Hab und Gut verlorn,
Das sie durch viele Jahre, mit Fleiß und Müh’ erworb’n.

Und an den Unglücksstätten, weilt’ unser großer Herr,
Franz Josef edler Kaiser, besorgt für den Verkehr.
Er tröstet all' die Armen, theilt milde Gaben aus,
Am Kahn als lieber Vater, vor manch’ zerstörten Haus.

Sein’n Beispiel folgen viele, die noch ein Menschenherz,
Sie spenden reichlich Gaben, und lindern manchen Schmerz.
Die Väter, Mütter, Kinder, sie fanden Unterstand,
Der Feind reicht seinen Freunde, in Unglück seine Hand.

Manch’ Vater ruft die Seinen, in Thränen zum Gebet,
Und danken für die Gaben, zu den sie einst gefleht;
Sie danken für die Wohlthat, die sie empfangen hab’n,
und werden nie vergessen, wo edle Herzen schlag’n.

Kehr’n einst die Obdachlosen, zurück zu ihren Herd,
Gewiß fällt manche Thräne, auf jene feichte Erd’;
Verzaget nicht ihr Lieben, wenn euch so manch’s gebricht,
Wir theilen ’s miteinander! So heißt die Menschenpflicht.

Verfasst von Carl Jg. Munganast, Wien: Verlag Mathias Moßbeck, 1862. Gesungen von Helmut Qualtinger, auf Langspielplatte: Moritaten oder Das Morden höret nimmer auf, Preiser Records 1964 [Digitalisierung auf CD 1989].