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Das ländliche Lied |
Volkssänger |
Bei dem Erfolg dieser Gruppen spielten gesellschaftliche Entwicklungen der Zeit eine bedeutende Rolle. Die Industrialisierung und die rapide Verstädterung führten zur Entfremdung von der Natur. Die Sehnsüchte der Städter entdeckten das Land als heile Welt des Ursprünglichen und Unverdorbenen. Die zu diesem Zeitpunkt entstehende Sommerfrische trug das Ihre dazu bei. Ein weiterer Faktor war die Entstehung des Nationalismus. Obrigkeitliche Versuche in Österreich, ebenso wie in Bayern so etwas wie nationale Identität zu schaffen, förderten das Tragen von Trachten, das Sammeln und Singen von Volksliedern, den Nationaltanz und endeten da wie dort im Provinzialismus. Eine Neuauflage der Volksliedbegeisterung brachten die Wander- und Jugendbewegungen, wie der Wandervogel ab etwa 1890; hier stand wieder die Natur im Vordergrund. Ideologischer, patriotischer bzw. nationalistischer ging es in den Schul- und Schutzvereinen sowie in der Turnerbewegung zu.
Auch in Wien war man bereits vom ersten Auftreten der singenden und jodelnden Trachtenträger begeistert. Bald entdeckten die Wiener Sängergesellschaften das lukrative Geschäft und ließen ihre Ensemblemitglieder in Lederhose und Tracht vor das Publikum treten. Sangen anfangs die Sänger und Sängerinnen noch vorwiegend Volkslieder aus dem alpinen Raum, wurden nach und nach Lieder im ländlichen Stil von Wiener Komponisten und Textdichtern geschaffen. Einige dieser Lieder waren so populär, dass sie in zahlreichen Volksliedsammlungen als „echte Volkslieder“ ausgegeben wurden. So das Lied von den Pfeiferlbuam - Mir san’ die zwa’ Pfeiferlbuam vom Grundlsee... das ursprünglich vom Wiener Mundartdichter Alexander Baumann stammt. Der Wildschützenmarsch von Josef Hadrawa spiegelt das ganze Ausmaß der Gebirgsromantik der damaligen Zeit wieder:
Ähnliche Klischees vermitteln beispielsweise: D’ Jaga san do – "Im Wald draußt is schön und prächtig" (T: Karl M. Jäger, M: Rudolf Kronegger, op.110) und Steirisch-Weanarisch von Rudolf Kronegger. Heute sind die diversen Jäger-, Wilderer-, Alm- und Sennerinnenlieder liebenswerte Anachronismen, die aber ihren festen Platz im Herrgottswinkel vieler städtischer Bürgerseelen haben.
Zum ländlichen Lied gehören auch der Jodler, der Almer oder der Dudler. Heute wird mit Dudler eine spezifische Wiener Jodelkultur bezeichnet. Früher wurden die Begriffe Jodler, Dudler, Ludler, Almer oder Almschroa synonym verwendet und dienten allenfalls einer groben Regionalzuordnung. In jüngerer Zeit versteht man in Wien unter Dudler (Audio) eine kunstvoll verzierte Form, die oft chromatisch eingefärbt ist und die man nach ihren Eigenschaften etwa „Koloratur-Salon-Jodler“ nennen könnte.
Diese Kunst wurde etwa von Trude Mally-Leitner (*1928, †2009), die bereits als Zehnjährige mit Dirndl und Tiroler Hut auf der Bühne stand, bestens beherrscht. Einige jüngere Sängerinnen wie Doris Windhager, Agnes Palmisano (Audio) und Tini Kainrath setzen sich heute ebenfalls mit dem Dudler auseinander.
Da zahlreiche ländliche Wienerlieder mit Jodlern bzw. Dudlern enden, ist es interessant zu hören, wie diese Liedform entstanden ist: