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Die in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts gegründeten Musikvereine (Graz 1815, Innsbruck 1817, Linz 1821, Klagenfurt 1828, Salzburg 1841) wurden mehrheitlich als Gesangs- und Orchestervereine geführt und waren auch in kleineren Orten verbreitet. Da man nicht mit den professionellen Musikern der Hauptstadt ausgestattet war, besangen und bespielten sich die Musikvereinsmitglieder gegenseitig selbst in fröhlichen, unterhaltsamen Aufführungen. Wichtig war auch das Schaffen des Wiener „Liederfürsten“ Franz Schubert (*31.1.1796, †19.11.1828), der dem mehrstimmigen Männergesang viele Kompositionen widmete und damit zum "Klassiker" der Männergesangsvereine wurde.
Der Wiener Männergesang-Verein wurde 1843, im November 1863 der Lehrersängerchor Schubertbund (später nur Schubertbund) gegründet. Beinahe jede Stadt hatte bald ihren MGV, und in den sechziger Jahren schlossen diese sich zu sogenannten Sängerbünden zusammen: In Tirol 1860, der Steiermark, Kärnten, Oberösterreich und Salzburg 1862, Vorarlberg und Niederösterreich 1863. Die Verbindung zum Hauptverein in Wien war allen Mitgliedern Verpflichtung, gegenseitige Besuche und Gastkonzerte waren festliche Höhepunkte des gesellschaftlichen Lebens. Immer ausladender wurden die Veranstaltungen: Schon 1865 fand in Dresden das erste Deutsche Sängerbundfest statt. Bei diesem Fest wurde der Versuch unternommen, einen Dachverband Akademischer Gesangvereine und Liedertafeln zu gründen.
Durch die politischen Freiheitsrechte (Vereins- und Versammlungsfreiheit) von 1867 konnten solche Vereinigungen nun ungehemmt entstehen, zahllose Chöre, Liedertafeln, Geselligkeits-, Musik- und Sportvereine wurden gegründet. Im November 1889 kündigten die österreichischen Sängerbünde die Veranstaltung eines Deutschen Sängerbundesfestes in Wien an. Dazu erwartete man im Prater 15.000 Sangesbrüder. 70.000 Gulden – etwa 3,5 Millionen Euro – sollten die Wiener für dieses Fest an Spenden aufbringen:
Schon 1899 erreichte beim Steirischen Sängerbund-Fest deutschnationales Gedankengut erschreckende Ausmaße: In der Tagespresse veröffentlichte Artikel verteidigten das „Deutschthum“, repräsentiert im „deutschen Sang“, und nehmen nationalsozialistische Phrasen vorweg. Die Wortführer machten später Karriere im Dritten Reich, wie man beim Deutschen Sängerbundfest 1928 deutlich sehen kann: Es wurde von Johann Geyling und Franz Wilfert künstlerisch geleitet, die dann im Februar 1939 für die Nationalsozialisten in sämtlichen Wiener Kreisen Faschingsumzüge und Faschingsveranstaltungen inszenierten. Wilfert war im Vorstand des Männergesang-Vereines und ab 1938 NSDAP-Mitglied. Hermann Neubacher, Obmann des österreichisch-deutschen Volksbundes, trat dagegen bei seiner Ansprache beim Sängerbundfest 1928 vehement für das Selbstbestimmungsrecht Österreichs ein. Seine Ansichten hat er sicher gewandelt, denn nach dem Einmarsch der Deutschen wurde er am 13. März 1938 vom neuen, nationalsozialistischen Bundeskanzler Seyß-Inquart zum Bürgermeister von Wien ernannt.