Die Zither

Drehleier
Zither in Wiener Stimmung von E. Trnka

Die Zither ist vorwiegend ein Volksmusikinstrument und vor allem im Alpengebiet zu Hause. Die moderne Zither (Konzertzither) hat sich in Österreich und Bayern ab dem 17. Jahrhundert aus dem mittelalterlichen Scheitholz entwickelt.
Heute hat die einseitig ausgebauchte Salzburger Zither die beiderseits ausgebauchte Mittenwalder Zither verdrängt. Unter den verschiedenen Typen sind nur noch die Münchner (a1-a1-d1-g-c) und die Wiener (a1-d1-g1-g-c) Stimmung (bzw. Besaitung) von Bedeutung: 5 Melodiesaiten über einem chromatisch eingeteilten, 29-bündigen Griffbrett und 24-37 Freisaiten (Begleitsaiten). Die Melodiesaiten werden mit einem Schlagring angerissen, die Freisaiten mit den Fingern gezupft.

Eine erste (überlieferte) Anerkennung, die der Zither in Wien viele wichtige Türen öffnete, war ein Konzert, das der am Schottenfeld beheimatete Sohn eines Gastwirtes, Johann Petzmayer (*1803), 1826 vor Mitgliedern des österreichischen Kaiserhauses in Wien gab. 1827 folgte ein zweiter Auftritt in der Sommerresidenz Laxenburg, und schon 1838 leuchtete sein Stern so hell am Musikantenhimmel, dass er nach umfangreicher Reisetätigkeit von Herzog Maximilian in Bayern als Kammervirtuose angestellt wurde und damit den Typus des Zithervirtuosen generierte, ohne dessen Vorbildwirkung die nachfolgende Entwicklung nicht so denkbar ist, wie sie stattgefunden hat. In der selben Generation sind zum Beispiel auch der Instrumentenmacher und Musiker Georg Ehn, der Musikmeister Josef Söllner und Joseph Herzog – diese beiden in Zusammenhang mit den Steirischen Alpensängern und deren Auftritten in Wiener Vorstadttheatern – als Zitherspieler aus Wien genannt.
Schon eine Generation später stieß die Zither auf das mittlerweile lebhaft blühende Interesse von Musikern, die eine instrumentale Ausbildung, zum Beispiel am Conservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde, absolviert hatten und das Zitherspiel als Zusatzqualifikation erlernten; zum Teil verdienten sie ihr Leben im Theater- und Musikbetrieb Wiens. Zu den vielen, die hier auch schon von den Errungenschaften des städtischen Zitherbaus, wie zum Beispiel der Werkstatt von Anton Kiendl, profitieren konnten, zählen Carl Ignaz Umlauf (*1824), Anton J. Paschinger (*1825) und der 1828 im Vorort Neulerchenfeld geborene Johann Dubez, der abseits einer Virtuosenkarriere auf vielen unterschiedlichen Instrumenten (Violine, Gitarre, Zither, Harfe, Concertina) zu einem der wichtigsten Mentoren der Zither in Wien geworden ist.
Hatte Dubez in seiner Jugend als Herausgeber zum Aufbau der Zitherspielergemeinschaft beigetragen, war er als Virtuose so hoch geachtet, respektiertes Vorbild mit unverzichtbaren Kontakten und nicht zuletzt moralische Instanz geworden, dass er im Jahr 1875 zum Präsidenten des Ersten Wiener Zitherklubs, der ersten Vereinsgründung von Zitherspielern auf Wiener Boden, gewählt wurde. Seine Mitarbeit im Ersten Wiener Zitherjournal von Franz Wagner (1853-1930) ist ebenso dokumentiert, wie seine Bestellung zum Vorstand des Österreichischen Zither-Fachvereins in Wien (1884) eine nahezu logische Konsequenz seiner „Karriere“ als Zithervirtuose war. Nach einem Auftritt vor dem Hof in Constantinopel erhielt Dubez die „Ritterdecoration (Chevalerie) des Médjidié-Ordens“ (1881), was eine in vielen Zeitungen besprochene Geschichte war – auch noch lange nach dem Ableben von Dubez im Jahr 1891 („Die Zither im Harem des Sultans“).
Eine gewisse Zäsur auch im Selbstverständnis bedeutete jedoch die Etablierung des Begriffs „Zitherlehrer“, die sich mit einer in den 1850er-Jahren geborenen Musikergeneration ankündigt. Freilich verstanden sich alle Virtuosen auch als Pädagogen. Allerdings in zweiter Linie und im Sinne einer ergänzenden Tätigkeit. Mit der sozialen Stellung ihrer (hoch)adeligen Schülerinnen und Schüler erhöhten sie ihre eigene gesellschaftliche Position und nicht selten ihren Marktwert als Virtuosen, der ihnen am Ende des Jahrhunderts wiederum behilflich war, die von ihnen als Unternehmer geführten Zitherschulen zu bewerben.
Alexander Mayer: Zur Geschichte der Zither in Wien und Ottakring, in: bockkeller. Die Zeitung des Wiener Volksliedwerks, Nr.2, 2009, S. 6-9.

Ende des 19. Jahrhunderts wurden Zithern weltweit exportiert, im deutschsprachigen Raum etablierten sich Zither-Vereine, von denen es heute noch etliche gibt.
Einer der berühmtesten Zitherspieler im 20. Jahrhundert war Anton Karas. Er war Heurigenmusikant in Sievering, bis ihn Carol Reed, der Regisseur des Filmes Der Dritte Mann (1949), hörte und erkannte, dass der seltsam abrupte, metallische Klang des Saiteninstruments, dessen Namen er nicht einmal wusste, die ganze wehmütig-melancholisch-unerbittliche Stimmung seines Films auszudrücken verstand. Er nahm das Wagnis auf sich, seinen ganzen Film lediglich von einer Zither und einer einzigen Melodie untermalen zu lassen: Das Harry-Lime-Thema (Anton Karas) ist bis heute eines der weltweit berühmtesten Motive wienerischer Volksmusik.
Die Zither ist heute sowohl im Konzertbetrieb (Konzertzither) als auch in der alpenländischen Volksmusik gegenwärtig. An der Universität Mozarteum Salzburg wird etwa das Konzertfach Zither angeboten (Bachelor/Master), am Konservatorium Wien und in etlichen Musikschulen des Landes gibt es ebenso die Möglichkeit, Zither zu lernen.

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